VereinsEntwicklung
Sinn, Chancen und Grenzen
Als CVJM Bayern ist uns die Arbeit der CVJM Ortsvereine besonders wichtig. Kern und Wesen der missionarischen CVJM Arbeit in Bayern ist die kontinuierliche Gruppen-, Projekt- und Freizeitarbeit vor Ort. Hier können am besten geistliche Gemeinschaft gelebt, das Evangelium von Jesus Christus verkündigt und Menschen für die ganzheitliche CVJM Arbeit begeistert werden.
Unsere Landessekretäre sind zu vielfältigen Verkündigungsdiensten in den Ortsvereinen kreativ unterstützend unterwegs. Angeregt durch Mitarbeiter/innen aus Ortsvereinen bieten wir aber auch gezielte geistliche und systemische Begleitung online und in Präsenz in verschiedenen Modulen sowie individuelle Vereinsentwicklung durch einen speziell qualifizierten Coach und Organisationsentwickler an.
Die Arbeit im CVJM soll froh, zukunftsfähig, in Einheit und mit missionarischem Engagement geschehen können. Dies wollen wir durch die verschiedenen Vereinsentwicklungsmodule und Formate unterstützen und immer wieder weiterentwickeln.
Vereinsentwicklung mit Beratung und Begleitung ist in allen Phasen des Vereinslebens sinnvoll. Das gemeinsame Wollen und Reflektieren und das gezielte Anpacken der gewonnenen Erkenntnisse führt zu positiven Entwicklungen im Verein. Hierzu sollen die hier beschriebenen Modelle der gezielten Vereinsentwicklung dienen. Hierbei stehen als Module die individuelle Vereinsbegleitung, das geistliche Mitarbeiter-Training, Missio-Point und Moving-Point, Regio-Point vor Ort und ganz neu SUPPORTTIM online zur Verfügung. Viele weitere Möglichkeiten der Unterstützung und Weiterführung durch den CVJM in Bayern und Deutschland findet ihr auf diesen Seiten.
Alle Module der Vereinsentwicklung haben gemeinsam:
- dass die individuelle Situation vor Ort berücksichtigt wird.
- dass Neugier, Veränderungs-, Vergebungs- und Lernbereitschaft Voraussetzung sind.
- dass eine verbindliche Teilnahme aller Beteiligten über den Beratungszeitraum notwendig ist, um gemeinsame Einsichten fördern oder Lösungen zu finden.
- dass wir bei den Präsenzmodulen um die Unterstützung von Aufwand- und Personaleinsatz, entstandenen Kosten durch eine angemessene Spende bitten (Ausnahme sind die Projekte, bei denen Hauptamtliche vor Ort dauerhaft angestellt werden, Missio-Point und Moving-Point – hier gelten besondere Regelungen und Vereinbarungen).
Die Chancen der Veränderung sind offensichtlich und groß. Zu den Grenzen der Vereinsentwicklung kann man generell sagen, dass sie niemals die treuen und engagierten CVJMer vor Ort ersetzt oder aus Verantwortung nehmen kann und will. Sie ist ein unterstützendes Element, um vorwärts zu kommen, aber sie ersetzt nicht die vorhandene CVJM Arbeit. Bei nicht oder kaum vorhandener Veränderungsbereitschaft stoßen auch die besten Modelle schnell an ihre Grenzen.
Uns freut besonders, dass schon sehr viele Vereine die Begleitungsmodelle genutzt und für sich als sinnvolle Vereinsentwicklung erfahren haben.
Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis:
Vor uns auf der Flipchart steht eine Sammlung an Ideen, die wir zusammengetragen haben. Jeder hat fünf Stimmen und darf sie individuell vergeben. Auch gerne mehrfach. Mit dieser Methode hat Martin Schmid uns in der Vereinsbegleitung bei einer Entscheidungsfindung geholfen. Alles ging demokratisch, dass war positiv und ist es noch.
Als Vorstand des CVJM Ludwigsstadt waren wir eine ganz neu und bunt zusammengewürfelte kleine Gruppe, aus verschiedenen Orten und Gemeinden. Wir hatten unterschiedliche Erfahrungen mit dem CVJM und der Vorstandsarbeit allgemein.
Nach einer schwierige Zeit unseres Vereins war die Frage: aufhören oder durch einen neuen Vorstand Veränderung bringen? Für diese herausfordernde Aufgabe beschlossen wir uns Unterstützung zu holen.
Schon nach dem ersten Gespräch mit Martin war klar: die Vereinsberatung ist das Richtige für uns. Schnell waren die Rahmenbedingungen abgesteckt.
- Wie häufig sollen die Treffen stattfinden und wie lange dauern?
- Wo treffen wir uns? Zwischen Ludwigsstadt und Nürnberg liegen immerhin gut 140km.
- Wie sieht es finanziell aus?
- In welche Richtung soll die Begleitung gehen?
- Was bringen wir mit und was kann uns Martin anbieten?
Die Terminfindung zwischen sieben Beteiligten stellte sich knifflig heraus. Aber nachdem diese erste Herausforderung gemeistert war, legten wir los. Die Planung bis zu konkreten Ergebnissen belegte ungefähr ein halbes Jahr.
In unseren Treffen behandelten wir einen breiten Strauß an Themen.
- Was brauchen und wünschen sich die Mitglieder?
- Was können wir anbieten, um sie zu stärken und zu ermutigen?
- Wie können wir nach Innen wirken?
- Wie möchten wir andere erreichen?
Von Martin kamen dazu immer hilfreiche Impulse und Nachfragen. Durch das Abstimmungsverfahren gab es schnelle Ergebnisse ohne langwierige Diskussionen. Eine bereichernde Erfahrung. Nach jedem Treffen gab es eine „Hausaufgabe“ bei der wir das Besprochene vertiefen und weiterdenken konnten.
Auch wenn der Zeitplan nicht direkt eingehalten werden konnte und einige Ideen auf Eis gelegt werden mussten, konnten wir nach einer Anpassung an die neue Situation (Corona) die neuen Herausforderungen angehen. Uns eröffnete sich ein neuer Horizont.
Beseelt durch produktive Treffen, geprägt von Flexibilität, Kreativität, Visionen und hilfreichen Informationen wollten wir endlich in die Praxis gehen. Ideen, die durch Selberdenken entstanden und sich nicht als aufgedrückte „Arbeit“ anfühlten.
Einmal im Monat wollen wir uns – sofern erlaubt - zu einem Gebets-Abstands-Spaziergang treffen. Nicht nur als Vorstand, sondern auch mit den Mitgliedern, für unseren Ort, die Region und unser Land beten.
In unserem Wanderparadies soll ein Impuls-Wanderweg entstehen. Dort sollen die Vorbeikommenden ermutigt und zum Nachdenken angeregt werden, „Vorübergehend“ von Gottes Liebe erfahren.
Es warten weitere Treffen und neue Ideen auf uns. Wir sind voll gespannter Erwartung.
Dorotha Weigelt
CVJM-Ludwigstadt
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Hallo Lenni,
Du hast mir geschrieben, was gerade bei euch im CVJM los ist. Deine Mail regt zum Weiterdenken an, wie man mit dem Thema „zu wenig Mitarbeitende“ umgehen könnte. Du beschreibst mir, dass zunehmend weniger Mitarbeitende wirklich gerne kommen, um bei euch im CVJM mit anzupacken. Dir scheint es, als würde man sie zur Teilnahme nötigen müssen. Es wirkt, wie wenn sie keine Freude daran haben, eure Programme zu besuchen. Mit diesen Fragen seid ihr nicht allein!
Ich habe hier einige Gedanken für Dich. Bitte sei nicht enttäuscht, wenn ich dir keinen universalen Schritt-für-Schritt-Plan vorstelle, aber das mache ich absichtlich nicht.
Um ehrlich zu sein: Ich glaube, du stellst die Frage falsch! Man sucht nicht zuerst, ausschließlich oder vorrangig Mitarbeitende. Ich glaube, man sucht zuerst Menschen! Von daher müsste die Frage eher heißen: Wie finden wir Menschen, die gerne in den CVJM kommen? Es funktioniert nicht so gut, wenn man einfach nur Arbeitende für unbezahlte Aufgaben sucht.
Auch der Inhalt, um den wir kreisen ist wichtig: Steht die Arbeit oder die Freude am Herrn im Fokus des CVJM? Die Gruppen sollen klar und fröhlich ausstrahlen, dass dort auch gemeinsam gefeiert und Leben geteilt wird. Ich bin überzeugt: Wir feiern den Gott, der uns befreit und sendet, zu wenig. Man sieht uns die Freude am Herrn nicht genug an. Man hört zu leise, dass Gott real und unabhängig bei uns ist, genau dort, wo wir uns befinden. Wir teilen zu wenig, dass Jesus Christus uns befreit. Nicht nur der Missionsauftrag gilt, sondern auch was Fritz, ein Freund aus Mühlhausen, immer wieder sagt: die Freude am Herrn!
Es gilt eine Gemeinschaft zu leben, die es zuallererst wertvoll findet, wenn man einfach da ist. Eine Gemeinschaft, in der man nicht nur wertvoll ist, wenn man arbeitet und funktioniert. Wir feiern Gott und auch uns zu wenig und streben zu viel nach Erfolg, Leistung und Funktionen.
Ich habe schon mehrfach erlebt, dass Vereine, die nur funktionieren und die Freude vergessen in der Zukunft nicht bestehen bleiben. Aber Vereine, die Geschwistergemeinschaft leben, den Sinn und die Freude in Ziele umwandeln und danach ins Tun kommen, stabil, zukunftssicher und agil werden. Ums kurz zu machen: Ihr braucht zuerst eine menschliche, geistliche Gemeinschaft und ein gemeinsames Ziel, erst dann die konkreten Arbeiten und Funktionen. Früher hat man gesagt: Sammlung kommt vor Sendung! Es braucht beides.
Versucht doch mal Euch zu treffen, um einfach gemeinsam Zeit zu verbringen. Mit Jesus in der Mitte, guten Gesprächen und gebt euch Raum, in dem Leben und Glaubensnachfolge geteilt wird. Lasst einmal andere in euer persönliches Leben reinschauen und schon habt ihr ein gutes, ehrliches Gespräch. Nach einer Weile kommen möglicherweise wieder mehr Menschen zu euch, weil ihr wieder attraktiv geworden seid!
Gott segne eure Versuche. Auch die sieht Jesus – nicht nur die scheinbar wichtigen Erfolge! Er feiert eure Versuche und eure Freude am Herrn.
Dein Martin Schmid
Hallo Sam,
was du mir in deiner Nachricht geschrieben hast, verstehe ich voll und ganz. Auch, dass du genervt bist, weil deine Ansagen und Vorgaben als Vorstand nicht mehr so gut funktionieren oder gehört werden. Ich hab das gleiche Gefühl und vermute wie du, dass
etwas Anderes dran wäre als die »Ansagen von oben«. Aber was?
Hier ein Antwortversuch in aller Kürze:
Meiner Erfahrung nach sind Wertschätzung, Ermutigung und das Zulassen von Fehlern in der heutigen Zeit mehr dran als noch vor zehn Jahren. Führung und Leitung ändern sich – auch im CVJM. Heute geht es vor allem darum, dass du als Leiter ein Vorbild bist. Das bedeutet in erster Linie, Menschen zu motivieren, ihnen Freiheiten zu lassen und sie
zu inspirieren, anstatt Entscheidungen durchzuboxen oder Richtungen von oben herab vorzugeben. Eine Umfrage des Forschungsinstituts Kienbaum Institut hat sich der Frage gewidmet, wie Führung in der heutigen Zeit aussehen muss: 94 Prozent der Befragten bevorzugen eine Führungskraft, die als Vorbild dient, eine Vision vermittelt und das Team
motiviert. Ein möglicher Ansatz für dein Problem wäre der transformationale Führungsstil. Komisches Wort, daher hier die Erklärung: Der transformationale Führungsstil soll zu mehr Identifikation und Engagement führen. Er ist offen für Veränderungen und möchte allen helfen, Zusammenhänge zu verstehen, indem die Führungsperson Menschen in die Vision mit hineinnimmt und sie dadurch selbst motiviert. Austausch und Feedback bestimmen diesen Führungsstil, gepaart mit Wertschätzung.
Eine Alternative ist die ethische Führung. 84 Prozent wünschen sich diesen Stil, der besagt: Fehler sind menschlich und erlaubt, um daraus zu lernen. An erster Stelle wird der Mensch gesehen, nicht seine Rolle als Mitarbeitender oder Funktion. Nicht die Form von etwas trennt, sondern der Inhalt verbindet.
Beim nächsten Mal kann ich sicher länger schreiben. Ich hoffe, dass dich meine Gedanken ein bisschen weiterbringen: In diesem Sinne eine gute Reflektion eures Führungsstils.
Gruß dein Martin
Hallo Chris,
du erwartest diesen Brief sicher mit Spannung. Bevor ich zu dem komme, was du mir über eure letzte Vorstandssitzung erzählt hast, erst einmal ein großer Dank: Ich bin dir und euch unheimlich dankbar für alle Mühe, Kreativität und Liebe, die ihr in eure Gruppenstunden und Aktionen, in die ganze Vereinsarbeit und vor allem in die Menschen steckt. Wie du weißt, schreibe ich nicht ohne Grund – ja, es treibt mich richtig um.
Ist es wirklich wahr, was du geschrieben hast? Es kann doch nicht sein, dass ihr Sitzung für Sitzung und Treffen für Treffen faktisch nur die Veranstaltung aus dem Vorjahr wiederholt.
Und da machen alle mit? Ich könnte wetten, euch laufen bald Mitarbeitende weg, wenn ihr nichts ändert. Wer will schon immer nur stupide wiederholen, anstatt mitzugestalten und Neues zu entwickeln? Im CVJM arbeiten doch sehr oft Hoffnungsschöpfer für ihren Lebensveränderer. Woran liegt es, dass keiner schreit und etwas ändert? Also ich würde aufschreien! Ja, ich kann dich verstehen, dass du innerlich keinen Bock mehr hast auf
Wiederholungen. Du sagst, es kommt dir vor, wie wenn man besoffen einen falschen Film anschaut, aber mangels Kraft nicht den Saal verlassen kann. Ist da keiner, der aufschreit, dass ihr etwas verändern müsst? Ihr könnt doch uralte Aktionen nicht mehr in dieser veränderten Zeit anbieten! Unser Ziel ist es doch, Botschafter Gottes in dieser Welt zu sein. Die Zeiten verändern sich und umso wichtiger ist es, sein Handeln zu überdenken! Dient die Veranstaltung noch ihrem eigentlichen Zweck? Oder machen wir es nur, weil wir es schon immer so machen? Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit für Veränderung. Ich meine natürlich nicht, dass alles neu werden muss, nur um neu zu sein. Ich meine nur, dass wir hinterfragen dürfen und müssen: Wozu machen wir das? Ihr solltet dringend klären, was ihr überhaupt in eurem Verein wollt. Dazu schreibe ich dir das nächste Mal.
Für heute noch folgenden Tipp: Ihr dürft und müsst den Leuten Spielraum für ihren Schöpfungswillen zurückgeben! Sie wollen doch nicht wie Roboter, jedes Jahr dasselbe ausführen.
Und Chris, ich warne dich: Wenn ihr das nicht bald macht, dann raubt ihr dem CVJM ein sehr wichtiges Element, nämlich dass Menschen hier mitgestalten und mit anpacken! Ja,
die alten Aktionen und Formen hatten ihre Wirksamkeit für euch damals, aber die Leute von heute wollen ihre eigenen Formen entwickeln (so wie du, ihr und wir damals!) und mitwirken. Du wirst – wenn du bei euch im Verein an dieser Stelle etwas änderst – weniger Probleme haben, Mitarbeitende zu finden – eben weil sie dann nicht mehr nur Altes wiederholen, sondern ihre eigenen neue Ideen umsetzten und losziehen für ihre Sache.
Das sind tolle Leute, die ihr habt. Ich habe sie doch gesehen!
Versteh mich nicht falsch Chris, aber es wird Zeit, dass ihr fragt, was dran ist. Gerne helfe ich dir und euch dabei, denn es lohnt sich eine neue Kultur aufzubauen, bei der die Menschen im Verein wieder mitwirken können! Verstehst du?
Gruß Martin